Wenn Kritik laut wird: Wie negatives Word-of-Mouth entsteht

12.11.2024

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6 min read

Pascal Sollberger

Pascal Sollberger

Co-Founder & Marketing Expert, hypt

Unzufriedenes Apple Emoji

Im digitalen Zeitalter verbreitet sich negative Mundpropaganda wie ein Lauffeuer – oft schneller, als man erwartet. Doch was steckt eigentlich hinter dem Drang, schlechte Erfahrungen mit anderen zu teilen?

Die Natur des negativen Word-of-Mouth

Negatives Word-of-Mouth bezeichnet die Verbreitung von schlechten Erlebnissen, die Kunden mit einem Unternehmen oder Produkt gemacht haben. Diese Form der Kommunikation ist oft intensiver und weitreichender als positives Feedback. Warum? Weil Menschen dazu neigen, negative Erlebnisse stärker zu verarbeiten und mit anderen zu teilen – und diese Erzählungen hinterlassen einen bleibenden Eindruck.

Auslöser & Trigger für negatives WOM

Die Verbreitung von negativem Word-of-Mouth kann unterschiedliche Gründe haben:

Emotionen als Treiber: Warum schlechte Erfahrungen tiefere Spuren hinterlassen

Emotionen sind der Schlüssel zur Entstehung und Verbreitung von negativem Word-of-Mouth. Studien zeigen, dass negative Erlebnisse oft intensive emotionale Reaktionen auslösen.

“Negative Erfahrungen lösen in der Regel starke emotionale Reaktionen wie Wut oder Frustration aus, die oft mit anderen geteilt werden, um Dampf abzulassen.“ Spiegel Medill

Diese intensiven Emotionen führen dazu, dass Kunden ihre Erlebnisse teilen, um Gehör zu finden und um ihren Frust loszuwerden – oft auch, um Unternehmen für ihr „schlechtes“ Verhalten zu bestrafen.

Eine Untersuchung von Gartner zeigt, dass unzufriedene Kunden ihre negativen Erfahrungen mit durchschnittlich 9 bis 15 Personen teilen, während zufriedene Kunden nur mit etwa 4 bis 6 Personen sprechen. Dies verdeutlicht, wie wichtig es für Unternehmen ist, die Emotionen ihrer Kunden zu verstehen und darauf einzugehen.

Unzufriedene Kunden teilen ihre Meinung deutlich öfter als zufriedene Kunden.

Soziales Echo: Warum negative Erfahrungen in Gemeinschaft gedeihen

Ein psychologischer Anreiz für die Verbreitung von negativem Word-of-Mouth ist der Wunsch nach Bestätigung. Menschen vergleichen ihre Erfahrungen oft mit anderen, besonders in sozialen Kontexten. Negative Erlebnisse wecken das Bedürfnis, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen, was zunehmend in Online-Foren oder sozialen Medien geschieht. Diese sozialen Vergleiche verstärken die negative Mund-zu-Mund-Werbung, da Kunden durch die Bestätigung ihrer Gefühle in den Berichten anderer ihre eigenen negativen Eindrücke verstärken.

“Eine Studie hat gezeigt, dass Verbrauchende, die negative Beiträge über eine Marke sehen, häufig einen Rückgang ihres eigenen Kaufverhaltens erleben. Der Grund dafür ist, dass sie die Negativität verinnerlichen, was ihr Vertrauen und die Wahrscheinlichkeit, sich weiter mit der Marke zu beschäftigen, verringert.“ Spiegel Medill

Krisen gekonnt vermeiden

Um der Entstehung negativer Mundpropaganda entgegenzuwirken, ist schnelles und proaktives Handeln unerlässlich. Unternehmen sollten gezielt folgende Ansätze verfolgen, um eine Eskalation zu verhindern:

Schnelle Reaktion auf negatives Feedback

Eine zeitnahe und empathische Antwort signalisiert Wertschätzung und kann Kunden dort abholen, wo sie am unzufriedensten sind.

“Studien zeigen, dass Unternehmen, die negatives Feedback proaktiv angehen und Kundenbedenken direkt ansprechen, potenziell schädliche Situationen in Chancen zur Stärkung von Kundenbindung und Vertrauen verwandeln können." Journal of Consumer Psychology

Personalisierte Lösungen anbieten

Jedes Problem verdient eine individuelle Lösung. Durch massgeschneiderte Entschädigungen wie Rabatte oder Gutscheine zeigen Unternehmen ihr Engagement, was die Kundenbindung stärkt.

Feedback anwenden

Wichtig ist es vor allem, das Feedback der Kunden zu nutzen, um zukünftige Krisen zu vermeiden.

Öffentliches Engagement und Transparenz

Auf öffentliche Beschwerden sollte sichtbar und respektvoll reagiert werden. Eine persönliche Antwort zeigt Verantwortungsbewusstsein und Transparenz.

Kunden einbeziehen

Es empfiehlt sich, regelmässig Feedback einzuholen und unzufriedene Kunden in den Lösungsprozess einzubinden, um Wertschätzung zu zeigen.

Social Listening einsetzen

Durch aktives Zuhören und die Identifizierung von Mustern in Beschwerden lassen sich häufige Probleme gezielt und proaktiv angehen.

Emotionale Bindungen aufbauen

Vertrauen lässt sich durch den Aufbau emotionaler Bindungen stärken, etwa durch Follow-ups nach einer Beschwerde.

Warum zurückgewonnene Kunden oft die loyalsten sind

Kunden zurückzugewinnen kann sich nicht nur finanziell lohnen, sondern stärkt auch die Loyalität zum Unternehmen. Studien zeigen, dass zurückgewonnene Kunden oft besonders engagiert sind. Dies liegt daran, dass sie bereits eine Bindung zum Unternehmen hatten und bewusst zurückkehren – oft nach einer positiven Rückgewinnungserfahrung.

“Forschungen zeigen, dass das Zurückgewinnen unzufriedener Kunden zu einer 60%igen Steigerung der Käufe im Vergleich zu Neukunden führen kann.“ Journal of Business Research

Die Rückgewinnung hat ausserdem den Vorteil, dass sie kosteneffizienter ist als die Neukundengewinnung. Diese Kunden kennen die Produkte bereits und bauen schneller wieder Vertrauen auf.

“Es kostet fünfmal mehr, neue Kunden zu gewinnen, als ehemalige zurückzugewinnen.“ Harvard Business Review

Zusätzlich zeigen Untersuchungen, dass zurückgewonnene Kunden einen höheren Customer Lifetime Value (CLV) haben und häufig sogar eher bereit sind, die Marke weiterzuempfehlen.

Long Story Short

Die Psychologie hinter negativem Word-of-Mouth ist komplex und tiefgründig. Unternehmen, die die emotionalen Auslöser verstehen und proaktiv darauf reagieren, können den Schaden nicht nur abwenden, sondern auch langfristige, starke Kundenbeziehungen aufbauen.
Transparenz, die Bereitschaft, aus Fehlern zu lernen, und das gezielte Fördern von Vertrauen stärken die Bindung und erhöhen die Kundenloyalität. Kunden, deren negative Erfahrungen erfolgreich korrigiert wurden, entwickeln dabei oft eine besonders hohe Loyalität.

Marketing- und Kommunikationsexpert:innen, die diese psychologischen Mechanismen verstehen, sind bestens gerüstet, um die Herausforderungen des digitalen Zeitalters zu meistern – denn was einmal online ist, bleibt online.

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